Die Thematiken „Barrierefreiheit“ und „Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht“ sind in den letzten Wochen meist negativ besetzt. Immer wieder sind Schlagzeilen zu lesen, dass Unternehmen bewusst in diesen Bereichen die Vorgaben missachten und werden pauschal als „Steuerhinterzieher“ und „Behinderten unfreundlich“ bezeichnet. Viele Falschmeldungen verunsichern auch die Konsumenten. Deshalb ist es ein Anliegen der Wirtschaftskammer, diese Mythen aus dem Weg zu räumen.
„Im Bereich der Barrierefreiheit sind, aufgrund der lange unklaren Rechtslage und der daraus resultierenden Berichterstattung viele Unternehmer verärgert. Sie sehen in den oft geforderten Umbaumaßnahmen eine enorme wirtschaftliche Bedrängnis. Doch gerade diese sieht das Gesetz nicht vor“, erklärt der Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft KommR Helmut Tury, der es mit besonders vielen betroffenen Mitgliedsbetrieben zu tun hat. Das Gesetz der Barrierefreiheit sei darauf ausgelegt, dass sich der Kunde barrierefrei bewegen könne und ein barrierefreier Zugang gewährleistet sein soll, wobei jedoch auch hier die Verhältnismäßigkeit eine große Rolle spiele, so Tury.
„In 95 % der Fälle funktioniert das gemeinsame Miteinander auch sehr gut. Dies war auch schon vor dem Gesetz so, denn für jeden Unternehmer steht der Kunde im Mittelpunkt und daher sind Worte wie „Wertschätzung“ und „Hilfsbereitschaft“ kein Fremdwort.“ Dennoch sei es für die Unternehmer schwierig, da sie sich nie in einem gesetzlich sicheren Rahmen bewegen würden, meint Franz Perner Geschäftsführer der Sparte. „Gesetze, die über die Betroffenen selbst reguliert werden, bringen oft die Schwierigkeit der Sachlichkeit mit sich.“
Eine ähnliche Problematik spiegelt sich auch bei der Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht wider. Hier kämpfen Unternehmer vor allem mit der Pauschalbeschuldigung der Steuerhinterziehung.
„Die Wirtschaft selbst hat kein Problem mit der Registrierkasse an sich. Viele Unternehmer sehen sie als Instrument betriebswirtschaftliche Zahlen zu verwalten. Mit den derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen ist eine praxisgerechte und zielorientierte Umsetzung derzeit aber nicht möglich“, bemängelt Tury. Auch die Tatsache, dass eine Verordnung mit einem Stichtag und ohne Probezeit bzw. Testphase für die jeweiligen Systeme in Kraft tritt, stößt in Unternehmerkreisen auf Unverständnis.
„Es gibt Bereiche in denen es nahezu unmöglich ist diese Verordnung wirtschaftlich und zeitökonomisch im Sinne aller Beteiligten umzusetzen, so zum Beispiel bei Ballveranstaltungen im Barbereich, Schulbuffets oder bei Veranstaltungen im Freien – um nur einige wenige Beispiele zu nennen“, so Perner.
Mythen der Barrierefreiheit
Barrierefrei um jeden Preis – NEIN
Es ist bewusst festgehalten, dass keine wirtschaftliche Bedrängnis erfolgen darf. § 6 des Behindertengleichstellungsgesetzes regelt, dass mittelbare Diskriminierung nicht vorliegt, wenn die Beseitigung von Barrieren unverhältnismäßige Belastungen darstellen würde.
Dabei ist die Zumutbarkeit, die mittelbare Diskriminierung und die Verhältnismäßigkeit zu betrachten.
Der Unternehmer muss sich mit den Vorgaben der Barrierefreiheit beschäftigen und mögliche, aber auch zukünftige Maßnahmen festhalten. Auch hier gilt es, die Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Die Wirtschaftskammer bietet daher einerseits Online-Barriere-Checks an, sowie professionelle Beratung vor Ort durch einen Experten.
Barrierefreiheit bedeutet barrierefreier Haupteingang – NEIN
Der barrierefreie Zugang muss sich nicht gezwungenermaßen straßenseitig befinden – manchmal ist dies auch aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht möglich.
Ist es technisch nicht möglich den Haupteingang barrierefrei zu machen, können auch andere Zugänge barrierefrei gestaltet werden.
Es ist lediglich bauseitig ein barrierefreier Zugang notwendig.
Im Bereich der Barrierefreiheit wird immer nur das einzelne Unternehmen betrachtet und nicht das Umfeld – NEIN
Es ist auch möglich, gemeinsam mit anderen Unternehmern oder der Gemeinde etc. barrierefreie Lösungen zu entwickeln.
Befindet sich z.B. in der unmittelbaren Umgebung ein Behinderten- WC, wäre es auch zumutbar, das Geschäftsgebäude zu verlassen und dieses WC aufzusuchen.
Wenn mein Geschäft nicht barrierefrei gestaltet ist, muss ich bei einer Kontrolle sofort Strafe zahlen – NEIN
Eine Kontrolle und Überprüfung der Gegebenheiten erfolgt erst dann, wenn sich ein Mensch mit besonderen Bedürfnissen in der Barrierefreiheit diskriminiert fühlt.
Danach geht dieser Fall vor die Schlichtungsstelle.
Seit 2006 Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsgesetz in gab es erst 15 Fälle aus dem gewerblichen Bereich vor der Schlichtungsstelle.
Mythen der Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht
Wer mit 1.1.2016 keine Registrierkasse hat wird gestraft – NEIN
Es gibt sogenannte Übergangsfristen, während dieser die Unternehmer keine Sanktionen befürchten müssen.
Sollte das System schon bestellt sein, ist es sinnvoll, bei einer möglichen Kontrolle die Bestelldokumente vorweisen zu können.
Wenn die Lieferung des Systems erst nach dem 30.06.2016 erfolgen sollte, muss dies beim zuständigen Finanzamt gemeldet werden.
Die Registrierkasse braucht eine Internetverbindung – NEIN
Es gibt keine Onlineverbindung zum Finanzamt und auch 2017 wird diese nicht gefordert.
Dennoch sollte bei der Anschaffung darauf geachtet werden, dass Adaptierungen für Sicherheitsleistungen ab 1.1.2017 kostengünstig bzw. kostenfrei nachgerüstet werden können.
Es muss immer eine eigene Registrierkasse vorhanden sein – NEIN
Es können auch Softwarelösungen das bereits bestehende Computersystem ergänzen.
Vor allem im Beherbergungssektor ist es möglich, das System durch entsprechende Software zu adaptieren.
Registrierkassenpflicht = Belegerteilungspflicht – NEIN
Im Unterschied zur Registrierkassenpflicht, wo die Unternehmer für die konkrete Umsetzung noch bis 30.06.2016 Zeit haben, müssen seit 1.1.2016 für alle Bargeschäfte Belege erteilt werden (Frist 30.6.).
Dieser Beleg muss die Bezeichnung des leistenden/liefernden Unternehmens, das Datum, eine fortlaufende Nummer und eine vereinfachte Produktbezeichnung aufweisen
Konsumenten müssen Belege mitnehmen – NEIN
Der Kunde ist angehalten, den Beleg mitzunehmen, falls nicht droht ihm jedoch keine Strafe
Von Seiten des Unternehmers ist lediglich die Übergabe des Belegs an den Kunden erforderlich.
Die Mitnahme und mögliche Aufbewahrung auf Konsumentenseite liegt außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Unternehmers.
Trinkgelder müssen auf jedem Beleg ausgewiesen werden – NEIN
Das Trinkgeld ist nur bei Kartenzahlung als Durchlaufposten aufzuweisen.
Bei Barzahlungen muss das Trinkgeld, welches den Mitarbeitern gebührt, nicht explizit ausgewiesen werden.